Besichtigung Kloster Einsiedeln 6. März 2025

Vor der Hofpforte begrüsste Frau Ruth Frick die 16 Interessierten bei frühlingshaftem  Wetter im Abteihof (Bild 1, Nummer 1 in der  Uebersicht im Anhang) des grössten Benediktinerklosters der Schweiz. Ihre spannenden und mit Enthusiasmus vorgetragenen Ausführungen waren neben den Fakten immer wieder mit Anekdoten wie mit der fünf Minuten zu früh schlagenden Turmuhr (blaues Ziffernblatt, bezweckt das rechtzeitige Teilnehmen an der Vesperfeier in der Klosterkirche) gespickt. In über 1000 Jahren ist das Kloster zu einer weitläufigen Gesamtanlage ausgebaut worden (siehe Luftaufnahme im Anhang). Die meisten Arbeiten wurden von den Mönchen und später zusätzlich von den angestellten Handwerkern ausgeführt. Der Betrieb und Unterhalt wird auch heute noch von den eigenen Angestellten bewerkstelligt, deren Werkstätten in den Gebäuden um den Hof Richtung Marstall (Bild 2, Nr. 2 in der Uebersicht) untergebracht sind. Im Mittelalter waren die Einsiedler Pferde in ganz Europa bekannt als die „Cavalli della Madonna“. Diese werden heute noch von der privaten Marstall GmbH gezüchtet. Im Klosterbetrieb werden heute noch Lernende in den verschiedensten Handwerksberufen ausgebildet. Mit den  vielen dem Klosterbesitz zugeordneten Ländereien (u.a. Insel Ufnau, Klosterhügel) auf einer Fläche von 2’140 Hektar liegt das Kloster Einsiedeln an erster Stelle der grössten privaten Grundbesitzer.  Der positive Fakt: vieles ist öffentlich zugänglich, wie Frau Frick betonte.

Die Besichtigung führte uns weiter durch den unteren Schulgang der Stiftsschule (Bild 3, Nr.3), wo der folgende Satz zum vertieften Betrachten der alten Schulbilder auffordert: dankbar des Vergangenen zu gedenken, leidenschaftlich die Gegenwart zu leben und zuversichtlich in die Zukunft zu gehen!

In einer über tausendjährigen Bildungstradition wird auch heute noch nach benediktinischer Prägung gelehrt. Für die heute rund 400 internen wie externen Schüler:innen gilt das Latein-Obligatorium. Daneben vertiefen sie  Schwerpunktfächer wie Altgriechisch, Englisch, Italienisch, Biologie und Chemie sowie Physik und Anwendungen der Mathematik. Im Zentrum steht letztlich eine möglichst ganzheitliche humanistische Bildung, welche auch die musischen Fächer umfasst.

Die Stiftsbibliothek des Klosters (Bild 4, Nr.4) ist reich an alten Büchern. Sie umfasst etwa 230’000 gedruckte Bücher, 1230 Handschriften und 1040 Bände Inkunabeln (Bücher die vor 1500 mit Metalllettern gedruckt wurden) und Frühdrucke. Jährlich kommen 500 bis 800 Bücher dazu. Gegründet wurde die Bibliothek vor fast 1100 Jahren. Damals beherbergte das Kloster bereits eine eigene Schreibschule. Heute sind noch 64 Handschriften aus dieser Zeit erhalten. Eine eigene Druckerei erhielt das Kloster 1664, in der bis 1798 über 1000 Titel verlegt wurden. Vor dem Bau des grossen Barocksaals zwischen 1738 und 1740 wurden die Bestände der Bibliothek lange in den Kellern des Klosters aufbewahrt. So überstanden sie glücklicherweise die zahlreichen Brände des Klosters unbeschadet. Im Jahr 1998 wurde die Bibliothek zuletzt restauriert.

Wir waren natürlich sehr beeindruckt, nachdem wir sogar einen Blick in die Zwingli-Bibel (Bild 5) werfen konnten. Der Reformator arbeitete zwei Jahre vor der Reformation als Leutepriester im Kloster Einsiedeln.

Der Blick in eine so alte Bibliothek ist für mich ein Ort, der mich stark berührt. Wie haben diese Menschen gelebt, gefühlt und gedacht, als sie diese schrieben, abschrieben oder druckten. Wie lange dauerte es? Tagelang, wochenlang oder mehr bis diese  wundervollen Bücher, diese prächtigen Handschriften entstanden sind? Oder nicht wenige fragten sich, woher sind all diese tausenden von Büchern hier ins Kloster nach Einsiedeln gekommen?

Den spannenden Ausführungen hätten wir Frau Frick noch lange folgen können; fast vergassen wir die Zeit. Doch bei einigen rief die Parkuhr zum Aufbruch.

Die Mehrheit der Besuchenden  genoss aber sozusagen zum Nachgang die Vesper-Feier und das Salve Regina in der Klosterkirche (Nr. 5). Die in der Kapelle der Schwarzen Madonna (Mutter Gottes) singenden Mönche boten den akustischen Höhepunkt des Nachmittags.

Wir bedankten uns bei Frau Frick vor der Klosterkirche mit einem Präsent und verabschiedeten uns in alle Richtungen.

Für mich waren noch offene Fragen der imposanten Hauptfassade der Klosterkirche sowie der damalige Pilger-Seeweg nach Richterswil. Woher kamen all die Sandstein-Blöcke? Da mich die Antwort von Frau Frick mit der Etzelsteinbruch und die Google-Anworten mit «Etzelfluh» etc. nicht vollends befriedigten, ging ich spontan auf die Suche. Die Resultate findet ihr im Anhang.

René Favre

Anhang

Uebersicht Besichtigung: Luftaufnahme Kloster Einsiedeln, Quelle Uni ZH. Die fortlaufenden Nummern folgen unserer Besichtigung vom 6.3.2025

Übersicht

Auf dem Weg von Etzel Kulm nach St. Meinrad kurz nach der ersten Spitzkehre links taucht die unscheinbare Infotafel linkerhand auf (Bild 6). Einige Schritte weiter und der Steinbruch öffnet sich in ganzer Grösse. Schriftlich ist dieser Steinbruch schon im 16. Jh. erwähnt. Es ist kaum vorstellbar, dass diese riesigen Steinblöcke von Hand ausgebrochen und nach Einsiedeln transportiert wurden.

Das Bild 7 aus den Nachkriegsjahren gibt uns einen Eindruck, was dieses harte Handwerk abverlangte. Die noch sichtbaren Spuren veranschaulichen wie die Bruchlinien vorgezeichnet wurden (Bild 8). Dem Waldweg kann weiter bis zum Strickliweg (Etzelkulm – Pfäffikon SZ) gefolgt werden. Dann etliche Stufen rauf bis wieder zum Etzelkulm. Dies ergibt einen interessanten Rundgang von etwa einer halben Stunde. Hier geht’s den Strickliweg wieder rauf (Bild 9) zum Etzel Kulm.